Der europäische Gedanke, der Wunsch des Zusammenwachsens der europäischen Staaten und damit der Vereinfachung der Rechtsanwendung bei staatsübergreifenden Sachverhalten, spiegelt sich in der neuen EU-Erbrechtsverordnung wieder.
Für Todesfälle ab dem 17.8.2015 gilt die neue Verordnung und wird für sämtliche Erbfälle mit Auslandsbezug zur Anwendung kommen.
Was verändert sich durch die neue EU Erbrechtsverordnung?
Das deutsche Erbrecht bleibt bestehen, eine Veränderung des materiellen deutschen Erbrechts gibt es nicht. Deutsches Erbrecht kommt nach der neuen europäischen Erbrechtsverortung jedoch nur anzuwenden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort in Deutschland zum Zeitpunkt des Todes bestand.
Sobald der Aufenthaltsort im Ausland liegt , gilt das Recht des anderen Staates, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Verstorbenen. Auch Vermögen in Deutschland wird in diesem Fall nach dem Recht des anderen Staates vererbt.
Chancen und Risiken der neuen EU-Erbrechtsverordnung?
Durch die EU-ErbVO können gezielt -durch den Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts- bestimmte Vorteile anderer Staaten ausgenutzt werden, sog. Forum Shopping, z.B. gilt in Österreich die Frist für die Pflichtteilsergänzung nur zwei Jahre (anstatt 10 Jahre in Deutschland) oder in Spanien müssen sich im Gegensatz zu deutschem Erbrecht Beschenkte Schenkungen auf den Nachlass automatisch immer anrechnen lassen.
Auch hinsichtlich des Pflichtteilsrechts kann dies ausschlaggebend sein. Länder wie England, kennen kein Pflichtteilsrecht, in Spanien besteht ein stärkeres Pflichtteilsrecht als in Deutschland, das sogenannte dingliche Noterbrecht.
Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die EU-ErbVO gemeinschaftliche Testamente, insbesondere die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments, akzeptiert.
Erbschein versus europäisches Nachlasszeugnis
Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und Vermögen nur in Deutschland, so wird weiterhin der Erbschein beim Nachlassgericht beantragt.
Das europäische Nachlasszeugnis ist insbesondere dann zu beantragen, wenn Nachlassvermögen in verschiedenen Ländern vorhanden ist. Er ist in allen EU-Ländern wirksam
Neu ist, dass das europäische Nachlasszeugnis eine Gültigkeitsdauer von nur sechs Monaten hat. Nach Ablauf der Gültigkeitsfrist kann der Erbe eine neue beglaubigte Abschrift beantragen. Ferner kann das Gericht in Ausnahmefällen eine längere Gültigkeitsfrist festlegen.
Florentine Heine-Mattern
Fachanwältin für Erbrecht, Maltry Rechtsanwältinnen